Da geht noch was

31.08.2014 18:58

Der Trailer macht sofort Lust auf mehr! 

Geiler Soundtrack und verbaler Schlagaustausch wie man es bei Florian David Fitz so gerne sieht. Also bin ich gespannt, schiebe die DVD rein und freue mich auf den ungeplanten Sommer der 3 Generationenmänner.

Die Farbauswahl finde ich sofort wunderschön, die Braun- und Blautöne schaffen Klarheit und eine gewisse Gemütlichkeit. Warum die Damen, die Mutter und die Ehefrau von Conrad am Tisch immer grüne Blusen tragen, fast die identische Frisur  und Goldkette haben ist mir zwar unklar. Aber meinetwegen, muss ja nicht alles verstehen.

Danke Andre Groll für die fantastische Musikauswahl! Während des Films freue ich mich über jede Einspielung, der die einzelnen Situationen noch mehr verstärkt. Möchte sofort meinen Koffer packen und in das Retrohaus mit dem safrangelben Teppich einziehen. Die suchen doch noch ne Haushaltshilfe, überlege kurz, mich zu bewerben.

Der Film ist zu Ende und ich starre auf den Abspann. Also ich hätte jetzt andere Emotionen bei mir erwartet. Denn ich bin überrascht: Das war definitiv zuviel Conrad- die Hauptfigur die Fitz spielt und die Figur die er bei seiner Überarbeitung des Drehbuches in den Mittelpunkt gesetzt hat.

Conrad ist der Macher: Conrad weiss alles, Conrad macht, Conrad organisiert, Conrad vermittelt und Conrad löst auch seine Probleme vorbildlich. 

Henry Hübchen zeigt mit seiner Erfahrung und Souveränität wie er immer wieder überzeugt. Während Regie und Drehbuchautor noch diskutieren kommt Hübchen, sieht, erkennt, macht und trifft genau den Nerv. Kurz und schmerzlos. Und keiner bemerkt, dass er dabei unbewusst Florian David Fitz an die Wand spielt.

Darüber muss ich erst mal schlafen. Tagelang überlege ich mir, was ich nun von dem Film halten soll. Es lässt mir keine Ruhe und ich schaue mir die Audiokommentare von Haase und Fitz an. Der Sache muss ich auf den Grund gehen. Was habe nur übersehen. 

Ich hätte gern weniger von Conrad gesehen und dafür mehr Carl & Jonas und Carl & Helene. 

Auch wundere ich mich über die Emotionen der beiden Frauen Helen und Tamara. Wie kommt es, dass eine Frau, die weiss , dass Ihre Lebenszeit nun bald zu Ende geht, so gefasst ist. Und Tamara schreit während Ihrer Massage am Meer lediglich ins Handtelefon: "Ich bin locker"!! Sonst gibts da nur noch paar stille Tränchen zu sehen, wenn Sie bemerkt, dass es mit Ihrer Ehe nicht so gut bestellt ist.

Irgendwie sind mir alle Darsteller zu gefasst. Aber es soll ja eine Komödie sein und kein Drama. 

Conrad schnieft gelegentlich. Gut, seine Reaktion auf die Trennung seiner Eltern, den bevorstehenden Tod seiner Mutter, das Erkennen seiner Ehekrise und zu merken, dass er ein ignoranter Vater ist. Da kann man mal schon mit der Nase schniefen. 

Herr Holger Haase, lassen Sie sich nicht von Florian David Fitz einreden, dass die Nahaufnahme der weinenden Augen von Conrad während der Autofahrt zu plakativ sei. Die Musik ist passend und lassen Sie Vater und Sohn während der Autofahrt lachen, denn Jonas wird endlich gehört und Jonas sitzt vorn, neben seinem Vater und nicht mehr hinten wie ein kleiner Bub mit dem Spielhaus , dass er nie anfassen darf. Ein entscheidender Augenblick für Vater und Sohn und darüber können die zwei wirklich freuen.

Beim 2. Mal anschauen fällt mir auf, wie Männer während den einschneidenden Ereignissen reagieren. Im Gegensatz zu Frauen, die gerne in den Situationen verharren, schauen Carl und Conrad nach vorne und zeigen neue Wege auf, die man gehen kann. Wahrnehmen, annehmen, erkennen, überlegen, weiter machen. 

Ein Satz in der Email von Conrad an unterstreicht das: " Wir müssen nicht zurück! Nach vorne ist auch gut." Der hat mich ins Herz getroffen. Da steckt Vergebung , verzeihen drin und der Glaube an einen Neubeginn.

Ebenso der Satz, während die Hände den Asphalt berühren: "Da steckt der ganze Tag drin."

Herr Holger Haase. Sie hatten eine wunderbare Idee und ich bin sehr froh, dass Sie diesen  Film gemacht haben. Danke, dass Sie sich bei der Musik-Farb- und Kulissenauswahl durchgesetzt haben. Ich bin beindruckt von Ihrer Regie und der wunderbaren Musikauswahl durch Andy Groll. Danke für die ruhigen, starken und stillen Momenten, die Sie in wunderschönen Bildern festgehalten haben.

Abschliessend bleibt nur zu sagen: 

Wer Massen an Baumkuchen in den Schränken bei Männern findet weiss, da geht noch was.

Herzlichst 

Ihr leinwandgefluester